Andreas (34 J.)

Andreas tauchte eines Tages – es dürfte dieses Jahr im Januar gewesen sein – unerwartet in der Brücke auf und wurde „Stammgast“. So nach und nach erfuhr ich dann auch ein bisschen was über ihn und sein schweres Leben. Aufgewachsen ist er in einer Pflegefamilie, mit der er immer noch Kontakt hat.

Doch sein erstes selbst verdientes Geld in der Lehre gab er für Drogen aus und rutsche so in die Sucht ab. Schließlich landete auf der Straße und in verschiedenen Wohnheimen. Er war gerade aus der Haft entlassen und wurde mehr oder weniger freiwillig in der Karlshöhe in Ludwigsburg untergebracht.

Er erzählte, wie gut ihn die Aidshilfe Pforzheim während seiner dreijährigen Zeit im Heimsheimer Knast betreut habe. Sein Hauptproblem war, dass er ständig knapp bei Kasse war. Manchen ging er deshalb mit seiner Schnorrerei etwas auf den Geist, aber er fand auch Freunde (z.B. bei uns in der „Brücke“), die ihn so nahmen, wie er war.

Aber eigentlich war er ein Einzelgänger. Wir bemerkten, dass Andreas in letzter Zeit an Gewicht verlor. Sein Gesicht wirkte eingefallen und sein Lachen gezwungener. Es liege an einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse, verriet er mir, und fügte hinzu, er müsse ins Krankenhaus und ob ich ihn besuchen komme. Klar, versprach ich ihm, und weil ich wusste, welche andere Erwartung er an mich hatte, versprach ich ihm, ihn auch mit Tabak zu versorgen. Freitagabend kam er noch zur „Nacht der Solidarität“ und setzte sich an den Stand der „Brücke“.

Als wir uns danach verabschiedeten, wusste ich nicht, dass ich ihn nicht mehr wieder sehen würde. Zwei Tage später, am 8. Juni, brach Andreas auf der Straße zusammen und starb kurz danach im Krankenhaus.

Lieber Andreas, du hast so gut in den braunen Ledersessel in der „Brücke“ gepasst. Nun ist dieser Platz leer. Ich vermisse dich, denn auch wenn du manchmal nerven konntest, warst du ein lieber und netter Kerl. Ich habe gespürt, wie sehr du unter Zurücksetzung und Ablehnung gelitten hast. Ich wünsche dir Frieden.

Thomas

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